16.5.2014. Die Mode in Berlin hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Glanz und Elend wechselten sich über ein Jahrhundert ab, so wie auch in vielen anderen Bereichen der Berliner Industrie.
Doch fangen wir chronologisch an: Um 1830 gab es in Berlin erste Modewarenhäuser, die fertig konfektionierte Kleidung zeigte. Sie bot die Gelegenheit sich für wenig Geld einkleiden zu können. Bis dahin musste sich jeder zu einem teuren Preis eigens für einen selbst geschneiderte Hosen und Röcke bei einer Näherin machen lassen. So war es damals allein auf Grund der Kleidung sehr schnell zu erkennen, wer vermögend war und wer nicht. Der einfache Bürger besaß nur wenige Stücke von jeder Art, trug sie häufiger und länger. Die Konfektionierung der Kleidung sollte dies aber bald ändern. In unserer heutigen globalisierten Welt kostet ein Kleidungsstück häufig nur noch wenige Euros, hergestellt in industrieller Massenproduktion.
Schon nach der Reichsgründung 1871 existierten in Berlin mehr als 60 Damenkonfektionsgeschäfte, Anfang des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl schnell zu und Ende der 20er Jahre gab es in der Reichshauptstadt bereits an die 1500 Modegeschäfte. Dabei waren fast 60% davon in jüdischen Besitz, bei den Angestellten und Zulieferbetrieben war der Anteil sogar noch wesentlich höher. Die Machtübernahme der Nazis ließ viele Betriebe zu Grunde gehen, entweder durch Enteignung, oder die Besitzer wurden ermordet oder vertrieben. Die Zerstörungen durch die Bombardierungen im 2. Weltkrieg besorgten den Rest. 1945 war die Modeindustrie in Berlin praktisch am Ende.
Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau nur sehr schleppend. In Zeiten, in denen man kaum etwas zu essen hatte, war Mode nicht im Focus des Denkens. Anfang der 60er Jahre gab es immerhin wieder um die 400 Bekleidungsfirmen. Doch für die neue Bundesrepublik war Berlin als Inselstaat, umgeben von einer meterhohen Mauer, nicht attraktiv genug, so dass sich bald Düsseldorf und München als neue Modehauptstädte mit eigenen Fachmessen etablierten.
Der Fall der Mauer 1989 öffnete in Berlin nicht nur die Herzen ihrer Bürger, sondern auch ganz neue Möglichkeiten für Mode und Design. Als im Juli 2007 die erste Fashionweek mit großem Jubel eröffnet wurde, flammte eine kleine Hoffnung auf an alte Erfolge anzuknüpfen. Heute wird die Szene beherrscht durch riesige Shopping-Malls (Potsdamer Platz Arkaden, Alexa am Alexanderplatz) mit internationalen Modeketten. Daneben gibt es aber auch wieder viele junge und mutige Designer, von denen einige, wie Lala Berlin oder Kaviar Gauche, schon internationale Erfolge vorweisen können. Selbst wenn wir hier noch lange nicht den modischen Chic einer Metropole wie Paris, London oder Mailand erreichen werden, so wird sich doch ein sehr eigener, individueller Berliner Stil entwickeln, der das Besondere dieser Stadt zu unterstreichen vermag.
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.