Modebilder in der Berlinischen Galerie

MODEBILDER-KUNSTKLEIDER - Berlinische Galerie © YVA/ kultur24.berlin

Modebilder in der Berlinischen Galerie

 

Von Holger Jacobs

Holger Jacobs

28.02.2022

Wertung: 🙂 🙂 🙂 (drei von fünf)

English text

Die Mode in der Kunst ist das große Thema der neuen Ausstellung im Landesmuseum Berlinische Galerie.

Die Berlinische Galerie, im Jahre 1975 als privater Verein gegründet, residiert erst sei 2004 in einem eigenen Gebäude. Mittlerweile vom Land Berlin finanziert, sammelt es Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, die in Berlin entstanden ist.

Unter den gut 5000 Sammlungsgegenständen gibt es auch sehr viele Arbeiten, die mit dem Thema Mode verbunden sind.
Diese zum Teil wirklich interessanten Sammlungsstücke wollte das Museum einmal in einer einzigen Ausstellung zusammenführen.

Mode – Ist das Kunst?

Mode wird häufig nicht ernst genommen.
Gerade, wenn jemand zu sehr auf sein Äußeres achtet und damit bei anderen auffällt, wird abfällig über ihn geredet – „so ein Dandy…“.
Der Begriff Kleidung kommt schon deutlich bescheidener daher. Er besagt nur, dass wir unseren Körper verhüllen, weil wir sowohl aus moralischen, wie auch aus klimatischen Gründen unseren Körper bekleiden müssen.

Bei der Frage, ob denn Mode auch Kunst sein kann, gehen die Meinungen weit auseinander.
Die Taille weiter oben oder weiter unten angesetzt, die Schultern gepolstert oder nicht oder wie kurz oder lang der Saum eines Kleides ist (in den 60er Jahren wurde die Länge des Rocks zum Politikum), scheint vielen komplett egal zu sein, besonders den Berlinern!
Ein rationeller Mensch, und als solchen sehen wir uns ja immer, hat Wichtigeres zu tun, als sich über diese Nebensächlichkeiten Gedanken zu machen.

Viele sehen in der Mode aber deutlich mehr.

Denn was wir anziehen hat sehr viel mit unserem Gefühl für uns selbst zu tun und sagt aus, wie wir uns gegenüber anderen zeigen wollen.
Der Satz „Kleider machen Leute“ ist keineswegs unbegründet.
In dem Theaterstück „Der Hauptmann von Köpenick“ von Carl Zuckmayer wird ein einfacher Schuster plötzlich zu einem angesehenen Bürger, nur weil er die Uniform eines Hauptmanns trägt (die er vorher bei einem Trödler erworben hatte).

Meine vielen Jahre als Korrespondent für Mode in Paris haben mich darüber hinaus gelehrt, mit wieviel Kreativität Modedesigner die genialsten Roben erfinden – angefangen von der Qualität des Stoffes, über den Schnitt, bis zur Anpassung an den menschlichen Körper (hierbei sollte besonders der französisch-tunesische Designer Azzedine Alaia Erwähnung finden).

Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Die Ausstellung „Modebilder – Kunstkleider“

Auch Künstler, die mit Fotografie, Malerei oder Skulptur arbeiten, haben sich immer wieder mit dem Thema Mode beschäftigt.

Und genau hier setzt die Ausstellung an.

In mehreren Kapitel in fünf großen Räumen im Erdgeschoss des Museums werden 270 Arbeiten aus den Jahren 1900 bis heute gezeigt, die belegen, wie Künstler aus unterschiedlichen Disziplinen, bewusst oder unbewusst, das Thema Mode/ Kleidung verarbeitet haben.

Gleich im ersten Raum sieht der Betrachter auf Gemälden oder Fotografien aus der Zeit um die Jahrhundertwende elegante Damen in aufwendigen Roben umher schreiten, sich über Brückengeländer lehnen oder tanzen.

Im nächsten Raum landen wir in der Moderne und den wilden Zwanziger Jahren. In dieser Zeit ist die Mode nicht mehr nur ein Statussymbol, sondern wird zu einem politischen Statement.
Hier beginnt auch die Zeit der Mode-Illustrierten, in denen sich die neugierigen Damen ansehen können, was „Frau“ so trägt.
Zunächst noch durch Zeichnungen dargestellt, wird sie später durch die Fotografie ersetzt.

Besonders bemerkenswert eine Fotografie des berühmten Portraitisten AUGUST SANDER.
Es zeigt den Dadaisten RAOUL HAUSSMANN in einer von ihm selbst entworfenen „Oxfordhose“.
Für Haussmann war Mode eine Form des künstlerischen Ausdrucks.

Im nächsten Raum geht die Zeitmaschine weiter in die Nachkriegsjahre, in denen Fotograf F.C. Gundlach seine Models vor Ruinen posieren läßt.

Spannend dann der Sprung in die 80er Jahre mit der Kunstszene der Jungen Wilden, wie z.B. ELVIRA BACH.
Sexualität und Kleidung vereinen sich auf einem einzigen Bild.

In der großen Halle kommen zeitgenössische Arbeiten zum Zuge, wie die raumschiffartigen Volant-Kleider von Ursula Sax aus dem Jahre 1990.

Und zum Schluß die britische Mode-Ikone VIVIENNE WESTWOOD: sie zeigt in ihrer Funktion als Mode-Professorin der UDK (von 1993 – 2005) in einem Video die Kreationen ihrer Schüler*innen: natürlich Provokant wie ihre Meisterin!

Fazit:
Nicht nur für Mode-Fans. Besonders haben mich die Mode-Zeichnungen von Lieselotte Friedländer (siehe Bilderserie) aus den 1920er Jahren fasziniert. Und natürlich die Fotoarbeiten von AUGUST SANDER, WOLS und UMBO.

„Modebilder – Kunstkleider – Fotografie, Malerei und Mode von 1900 bis heute“
18. Februar bis 30. Mai 2022
Berlinische Galerie, Museum für Moderne Kunst
Alte Jakobstr. 124 – 128
10969 Berlin-Kreuzberg
Mi – Mo 10 – 18 Uhr
Ab jetzt auch wieder ohne online-Ticketverkauf

Bilderserie mit 20 Fotos der Ausstellung „Modebilder-Kunstkleider“:

Artwork by URSULA SAX, „Luftbilder“, 1990, Berlinische Galerie, Photo: Holger Jacobs

English text

 

 

 

Fashion pictures in the Berlinische Galerie

 

By Holger Jacobs

Holger Jacobs
02/28/2022

Rating: 🙂 🙂 🙂 (three of five)

Fashion in art is the major theme of the new exhibition at the Landesmuseum Berlinische Galerie.

 

The Berlinische Galerie, founded in 1975 as a private association, has only had its own building since 2004. Now financed by the state of Berlin, it collects modern art, photography and architecture that was created in Berlin.
Among the more than 5,000 items in the collection there are also many works that are related to fashion. The museum wanted to bring these sometimes really sensational art objects together in a single exhibition.

Fashion – is it art?

People often smile about fashion. Especially when someone pays too much attention to their appearance and thus attracts attention to others. The term clothing is much more modest. It only says that we cover our bodies because we have to cover our bodies for both moral and climatic reasons.
When asked whether fashion can also be art, people often smile mildly. Whether the waist is higher or lower, the shoulders padded or not, or how short or long the hem of a dress is (in the 1960s skirt length became a political issue) seems to be of no concern to many, especially Berliners. A rational person, and we always see ourselves as such, has more important things to do than worry about these trivial matters.

But many see much more in fashion.

Because what we wear has a lot to do with how we feel about ourselves and how we want to present ourselves to others.
The phrase “clothes make the man” is by no means reality. In the play „Der Hauptmann von Köpenick“ by Carl Zuckmayer, a simple shoemaker suddenly becomes a respected citizen simply because he wears a captain’s uniform (which he had previously bought from a junk dealer).

My many years as a fashion correspondent in Paris have also taught me the creativity with which fashion designers invent the most ingenious robes – from the quality of the fabric, to the cut, to the adaptation on the human body (especially the Franco-Tunisian designer Azzedine Alaia should be mentioned here).
There are no limits for the fanatasy.

The exhibition „Fashion Pictures – Kunstkleider“

 

Artists who work with photography, painting or sculpture have repeatedly dealt with the subject of fashion.

And this is exactly where the exhibition comes in.

In several chapters in five large rooms on the ground floor of the museum, 270 works from the years 1900 to the present day are shown and show how artists from different disciplines have, consciously or unconsciously, dealt with the subject of fashion.

In the very first room, the viewer sees paintings or photographs from around the turn of the century of elegant ladies in elaborate dresses striding around, leaning on bridge railings or dancing.
In the next room we land in the modern age and the roaring 20’s. During this time, fashion is no longer just a status symbol, but becomes a political statement. This is also where the time of the fashion magazines begins, in which curious ladies can see what „women“ wear. Initially represented by drawings, it was later replaced by photography.

Particularly noteworthy is a photograph of the famous portraitist AUGUST SANDER (see picture series). It shows the Dadaist RAOUL HAUSMANN in “Oxford trousers” that he designed himself. For Haussmann, fashion was a form of artistic expression.

In the next room, the time machine continues to the post-war years where photographer F.C. Gundlach has his models pose in front of ruins.
Then the jump to the 80s with the art scene of the young wild ones, such as ELVIRA BACH, was exciting. Sexuality and clothing come together in a single image.

Contemporary works are featured in the large hall, such as Ursula Sax’s spaceship-like flounce dresses from 1990.
And finally the British fashion icon Vivienne Westwood: in her capacity as fashion professor at the UDK (from 1993 – 2005) she shows the creations of her students in a video: naturally provocative like her master!

“Modebilder – Kunstkleider – Photography, Painting and Fashion from 1900 to the Present”
February 18 to May 30, 2022
Berlinische Galerie, Museum of Modern
ArtAlte Jakobstr. 124 – 12810969 Berlin-Kreuzberg
Wed – Mon 10 a.m. – 6 p.m.
Since the 18th of February online ticket sales is not anymore mandatory.
You can buy directly at the entrance.

Picture series with 20 photos of the exhibition:

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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