München Kultur Tipps im April 2017

The Virgin Suicides - Kammerspiele © Judith Buss

München Kultur Tipps im April 2017

 

Von Karin Jacobs-Zander

30.3.2017

Wenn Kultur eine Stadt charakterisiert, dann zeigt das Musik- und Theaterprogramm Münchens im April wie eng die bunte flirrende Metropole mit dem Rest von Bayern verbunden ist. Das (mehrheitlich) katholische Oberbayern, das (hauptsächlich ) protestantische Franken, die bodenständige Oberpfalz und die multikulturelle „Hauptstadt der Herzen“ gehören zusammen und zeigen es ,wenn es ernst wird auf den großen Bühnen und durch ihre traditionellen Feste. In München beherrschen die letzten Wochen der Passionszeit und das Osterfest das Kulturangebot im April, denn die wichtigen christlichen Feiertage haben hier noch immer eine im Leben der Menschen fest verortete Bedeutung. Passionskonzerte aller Orten und in allen Variationen, von Weltklasse-Aufführungen mit Gesangsstars bis zu engagierten Kirchenkonzerten, überstrahlen in ihrer Menge und Qualität die vielen anderen kleinen und großen Konzertereignisse und auch auf den Bühnen der Staats- und Stadttheater geht es eher schwerwiegend zu. Die Frühlingsleichtigkeit wird auf die Nach- Ostereierzeit und vor allem auf den heiteren Mai verschoben. Mit einer tänzerisch- heiteren Ausnahme, die nicht übersehen werden soll:

Ballett

Die BALLETTFESTWOCHE in der Bayerischen Staatsoper vom 3. bis 13. April 2017

Traditionell wird die Festwoche von einer großen Premiere eröffnet. Es ist in diesem Jahr die Deutsche Erstaufführung von Christopher Wheeldons „ALICE IM WUNDERLAND“ in einer Aufführung der Compagnie des Stanislawski-Balletts aus Moskau mit Kenneth MacMillans Mayerling. Der Star Sergei Polunin wird in einer männlichen Hauptrolle zu sehen sein. Ausgewählte Stücke aus dem Repertoire der Staatsoper, darunter die erste Neuproduktion SPARTACUS und die jüngste Wiederaufnahme LA FILLE MAL GARDEE , sowie die Frühjahrsmatinee der Heinz-Bosl-Stiftung machen die Ballettwoche komplett.

11 Bilder: „Spartacus“ – Bayerisches Staatsballett © Willy Hoesl

Oper

„Tristan und Isolde“ von Richard Wagner am 13., 17. und 21. April 2017

Ein wahrhaftig schwerwiegendes Werk auf dem Programm der Staatsoper: Richard Wagners TRISTAN UND ISOLDE
Wer diese Oper noch nie gesehen hat, wird durch die Magie der Wagnerschen Musik unweigerlich in eine der ganz großen Liebestragödien der Kulturgeschichte hinein gesogen und befindet sich nach fast 6 Stunden Aufführungsdauer mit Sicherheit noch eine Weile in einem emotionalen Ausnahmezustand.
Die Story ist eine altbekannte und doch in dieser musikalischen Intensität einzigartig dicht erzählte Dreiecks-Geschichte: Der alte König Marke liebt Isolde, eine junge schöne Frau, die sich aber auf dem Weg zur Vermählung (eine Schiffsreise) in Tristan verliebt. Zauberei ist im Spiel, beide verfallen einander, die Vernunft verzieht sich in weite Fernen, sie werden in flagranti erwischt, König Marke hat das Nachsehen und schließlich endet das Ganze in einer Katastrophe: Tristan stirbt seinen berühmten Liebestod in den Armen von Isolde.

Die Begeisterungsausbrüche der Tristan- Verehrer gehen ins Unendliche: Schönste aller Wagneropern! Musikalische Hocherotik! Totale Suchtgefahr auch bei Nicht-Wagnerianern! „Ertrinken – versinken“. Wieder bietet die BSO eine Star-Besetzung auf: Musikalische Leitung: Simone Young, Regie: Peter Konwitschny.
Christiane Libor (Isolde)
Stephen Gould (Tristan)
René Pape (König Marke)

 

Theater

Residenztheater

„Just call me God“ am 8. und 9. April 2017 im Residenztheater

Wer möchte die internationalen Superstars des Films nicht einmal auf der Bühne live erleben?
Das Residenztheater gibt den glücklichen Ticketbesitzern die Möglichkeit JOHN MALKOVICH in einem außergewöhnlichen Theaterevent- zu bewundern, an seiner Seite spielt Sophie von Kessel. Zum Stück:
Nicht nur die Schauspieler machen diese internationale Koproduktion zu einem wichtigen Ereignis, sondern auch das Thema, das uns immer näher rückt und mit dem wir uns auch und gerade in Deutschland auseinanderzusetzen haben: Von Caear über Hitler, Gaddafi und Kim Jong-un, in der Weltgeschichte wimmelt es von Herrschern, die als übermenschlich, allmächtig oder gar gottgleich angesehen wurden. John Malkovich als Diktator eines fiktiven Bürgerkriegslandes und Sophie von Kessel als Journalistin liefern sich ein Feuerwerk der Worte und Argumente.

5 Bilder: John Malkovich in „Just call me God“, Residenztheater München © Jann Wilken

 

Kammerspiele

„The Virgin Suicides – Die Selbstmordschwestern“ Premiere am 30. März 2017

„Der erste fiese Typ“ Premiere am 28. April 2017

Die Münchner Kammerspiele, das einst hochrenommierte Stadttheater in der Maximilianstrasse, bietet auch in diesem Monat ein Programm an, das sich einer einfachen Beschreibung entzieht. Meist politisch motiviert suchen die Theatermacher in der Dramatisierung moderner Literatur, der Adaptation klassischer Stücke oder der Behandlung zeitgenössischer privater Befindlichkeiten nach neuen, experimentellen Wegen, um ihr jeweiliges Thema an den Mann, die Frau oder das Publikum im Allgemeinen zu bringen. Eine Auswahl aus diesem Angebot zu treffen, ist schwierig, zumal die Qualität der Aufführungen sehr unterschiedlich erlebt wird. Auf jeden Fall kann ein Besuch der Kammerspiele einen Blick über die gewohnten Theatererwartungshaltungen hinaus bieten und die Erfahrung anderer Sichtweisen vermitteln.

Gemeinsam mit den Schauspielerinnen Maja Beckmann und Anna Drexler, der Sängerin Brandy Butler und der jungen Videokünstlerin Rebecca Meining inszeniert Hausregisseur Christopher Rüping den Erstlingsroman von Miranda July, Sprachrohr moderner Großstadtbewohnerinnen, ihrer Befindlichkeiten und (sexuellen) Neurosen.
Der Inhalt: Cheryl Glickman, Anfang 40, alleinstehend und erfolgreich, leidet. Sie hat Schluckbeschwerden. Und einen Kloß im Hals, der einfach nicht verschwinden will. Philip, ihr Kollege und seit jeher ihr „Liebhaber in Gedanken“, hat ihr deswegen einen Chromatherapeuten empfohlen. Und da wird sie ihm zuliebe auch hingehen. Auch wenn sich schließlich herausstellt, dass der über 60-jährige Philip eine andere liebt. Und – diese andere erst 16 ist. Eines Tages zieht Clee, die grad 20-jährige Tochter ihrer Chefs, bei Cheryl ein. Clee hängt vor allem ab: Sie mag Fernsehen, Chips und Cola Light. Zunächst heißt es, sie bleibe nur für ein paar Tage. Doch dann breitet sie sich lust- und gewaltvoll in Cheryls Leben aus.

Und heute Abend (30. März 2017) findet die viel besprochene Premiere von „The Virgin Suicides“ in der Regie von Susanne Kennedy statt. Es handelt sich um die Bühnenfassung des ersten Romans von Jeffrey Eugenides. Das Buch bekam internationale Aufmerksamkeit durch die gleichnamige Verfilmung von Sophia Coppola („Lost in Translation“) im Jahre 2000 mit u.a. Kirsten Dunst. Die Geschichte handelt von fünf Geschwistern, die sich alle das Leben nahmen, weil sie die Enge und Bigotterie der Eltern nicht mehr ertragen konnten. Erzählt wird aus der Sicht der Nachbarjungen, vor deren Augen der Selbstmord geschah.

5 Bilder: „The Virgin Suicides -Die Selbstmordschwester“ in den Münchner Kammerspiele © Judith Buss

 

Musik

Gasteig

„Die Matthäus-Passion“ von Johann Sebastian Bach am Karfreitag, 14. April in der Philharmonie im Gasteig

Ein Konzert unter vielen, die sich der Passions- und Osterzeit verpflichtet fühlen, genannt:
Er ist Kult, sei es um die Weihnachtszeit mit dem Weihnachtsoratorium, sei es in der Karwoche mit dem anderen großen, berühmten Werk Johann Sebastian Bachs:
Maestro ENOCH ZU GUTTENBERG und sein Orchester der KlangVerwaltung, zusammen mit der Chorgemeinschaft Neubeuern und dem Münchner Knabenchor bringen die Matthäus-Passion, BWV 244
Die Solisten:
Carolina Ullrich, Sopran
Wiebke Lehmkuhl, Alt
Jörg Dürmüller, Tenor (Evangelist)
Bernhard Berchtold, Tenor (Arien)
Hanno Müller-Brachmann, Bass (Christus)
Tareq Nazmi, Bass (Arien)

Inhalte vermitteln und nicht nur schöne Musik produzieren, dafür steht der Name Enoch zu Guttenberg. Die rigorose Ernsthaftigkeit seines Dirigats hat die Musikwelt häufig genug überrascht, gar verstört – und ihr Sternstunden emotionalen Tiefgangs und hinreißender Lebendigkeit beschert. Und um doch noch ein klassisches Konzertschmankerl im April zu beschreiben, das weder der leichten Muse noch der Schwere der Passion zugeordnet werden kann, aber dennoch in diese Zeit des aufbrechenden Frühlings und der Besinnung hinein passt. Mit Werken von Webern, Schumann und Beethoven

 

Lucas Cranach der Ältere „Die Leiden Christi“, 1515 © cc

 

Prinzregententheater

Das Artemis Quartett am 4. April 2017

Das in Berlin ansässige weltweit gefeierte Streichquartett wurde 1989 an der Musikhochschule Lübeck gegründet und zählt heute zu den weltweit führenden Quartettformationen. Wichtige Mentoren waren Walter Levin, Alfred Brendel, das Alban Berg Quartett, das Juilliard Quartet und das Emerson Quartet. Eine schwere Periode konnte nun beendet und ein neues Kapitel Quartettgeschichte begonnen werden: Nach dem tragischen Tod von Friedemann Weigle sehen die Musiker mit ihrer neuen Geigerin Anthea Kreston froh in die Zukunft.

Artemis Quartett, Foto: Molina Visuals

 

Kunst

Kunsthalle der Hypovereinsbank

Ausstellung „Peter Lindbergh“ vom 13. April – 27. August 2017

Peter Lindbergh (geboren 1944 in Lissa) ist einer der einflussreichsten Modefotografen der letzten vierzig Jahre. Neben seinen ikonischen Fotografien, mit denen Lindbergh das Supermodel-Phänomen der 1990er-Jahre begründete, präsentiert diese multimediale Schau mit rund 220 Objekten auch Filme sowie exklusives, bisher ungezeigtes Material wie Storyboards, Requisiten, Polaroids und Kontakt-Abzüge. Die Ausstellung wird von Thierry-Maxime Loriot kuratiert, der in der Kunsthalle München bereits die Mode von Jean Paul Gaultier in Szene setzte.

Ausstellung Peter Lindbergh in der Kunsthalle München (Fünf-Höfe) © Kunsthalle

 

Author: Karin Jacobs-Zander

Karin Jacobs-Zander, Dramaturgin und Autorin der Bücher „Lebenslotsen“ und „Wo München am schönsten ist“ aus dem Ellert & Richter Verlag, lebt in München als freie Journalistin

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