Zeitmagazin Konferenz – Stil & Mode

Christiane Arp, credit: Zeitmagazin

12.07.2015. Die renommierte Wochenzeitung DIE ZEIT veranstaltet seit 2 Jahren regelmäßig Konferenzen und Podiumsgespräche zu verschiedenen Themen der Zeitgeschichte. Schwerpunkte sind Kultur und Politik. Zur Mercedes-Benz Fashion Week Berlin S/S 2016 veranstaltete sie eine Konferenz zum Thema „Mode & Stil„. Ehrengast war die Chefredakteurin der VOGUEChristiane Arp.

Modestudentin Katja Andreae besuchte für uns die Veranstaltung im ehrwürdigen Kronprinzenpalais in Berlin.

Zeitmagazin Konferenz – Stil & Mode

Von Katja Andreae

Katja Andreae

Katja Andreae

 

„Bitte mehr von solchen Veranstaltungen!“

möchte man im allgemeinen Berlin Fashion Week Marathon rufen.

Gemeint ist die am vergangenen Donnerstag im Kronprinzenpalais ausgetragene Mode Konferenz, zu der das ZEITmagazin in Kooperation mit der deutschen Vogue einlud. Tatsächlich ein intellektuelles Highlight im obligatorischen Modezirkus zwischen Fashion Week Zelt und Afterparty, vor der manch einer spätestens am dritten Tag die Flucht ergreift.

credit: ZEITmagazin Konferenz

credit: ZEITmagazin Konferenz

Tillmann Prüfer, Style Director des ZEITmagazins nahm den Aufhänger der Konferenz „Fast Fashion Forward“ erfrischend wörtlich und demonstrierte die Leichtigkeit des „Fast Forwarding“ (zu Deutsch: Vorspulen) an seinem Kassettenrecorder aus Kindheitstagen. Es lässt uns das Jetzt vergessen und Abschnitte überspringen. „So wie die ungewünschten Tracks auf der CD damals, die wir nicht hören wollten und einfach vorgespult haben“. Die Mode beruft sich auf dasselbe Prinzip, sie ist die „Fast Forward Taste der Gesellschaft“. Die Mode der 70er-Jahre begann bereits in den 60er-Jahren, sie muss allem einen Schritt voraus sein und dennoch schwelgt sie immer wieder in der Vergangenheit. So ist die Sehnsucht für den Style Director einer der größten Momente der Mode. Das unentwegte Zitieren vergangener Trends lässt vermuten, dass wir uns an einen Ort sehnen, an dem wir gestern gerne gewesen wären und nicht, wo wir morgen sein möchten. Es scheint als sei die Mode rastlos auf der Suche und bleibe dennoch stehen.

ZEITmagazin Konferenz, © Katja Andreae

ZEITmagazin Konferenz, © Katja Andreae

Die Frage, wonach wir uns in dieser digitalisierten Welt und schnelllebigen Gesellschaft eigentlich noch sehnen, ist also berechtigt.

Für das Designer Team von ODEEH liegt die Antwort in der Entschleunigung von Prozessen. „Unternehmen bleiben sich nicht treu, weil es immer nur darum geht, wie etwas schneller und noch effizienter voran gebracht werden kann.“ Für die Gründer und Designer Otto Drögsler und Jörg Ehrlich ist Zeit die Quintessenz ihrer Arbeit. Das im Jahr 2008 gegründete Label ist bekannt für seine aufwendigen Prints, experimentellen Materialmixe und normwidrigen Silhouetten. Unter Zeitdruck ließe sich wahrlich nichts dergleichen kreieren.

„Wir wollen größer werden, aber klein im Denken bleiben“. Leidenschaft ist die Erfolgsformel des Designer Duos und ein klares Abgrenzungsmerkmal zu Key Playern der Fast Fashion Industrie. Diese Einstellung erscheint im Raubfischbecken der kompetitiven Modeindustrie naiv. Aber genau das ist es, was die Mode braucht: Naivität.

Christiane Arp, Chefredakteurin der deutschen Vogue, betonte ebenfalls die Dringlichkeit junge aufstrebende Designer zu fördern, die im internationalen Markt häufig unter der Oberfläche bleiben. Mit einem Fellowship Programme des im letzten Jahr gegründeten Fashion Council Germany soll deutschen Designern in Zukunft mehr Vertrauen entgegengebracht werden.

Christiane Arp, credit: ZEITmagazin Konferenz

Christiane Arp, credit: ZEITmagazin Konferenz

Tim Blanks, Modekritiker und Editor at Large des amerikanischen Modeblogs style.com sieht die Mode ähnlichen Gefahren ausgesetzt. Die Digitalisierung unseres Umfelds beschleunigt die Mode auf eine perfide Art und Weise. Er selber bezeichnet sich als Old School. „Ich benutze immer noch meine Finger, um zu schreiben und lasse mich von Filmen und Büchern inspirieren. Digitale Medien gehören nicht dazu.“ Schwer zu glauben bei einer Followerzahl von über 2 Millionen Twitter und Facebook Usern. Für Blanks ist das Internet nicht das Entscheidende. Es mag als Plattform der Selbstdarstellung dienen, verliert das Substanzielle jedoch aus dem Auge.

v. l. Christoph Amend und Tim Blanks, credit: ZEITmagazin Konferenz

v. l. Christoph Amend und Tim Blanks, credit: ZEITmagazin Konferenz

Die Aufgeregtheit der Mode scheint durch ihre Kommerzialisierung und Massentauglichkeit durch das Internet weggeschwemmt worden zu sein.

Alessandro Michele, Creative Director von Gucci ist für Blanks das Musterbeispiel eines Enfant Terribles, nach dem sich die Modewelt sehnt. Micheles Arbeit ist „die Ablehnung all dessen, zu dem die Mode geworden ist“. Vielleicht so etwas wie eine Vivienne Westwood 2.0, oder wie Blanks sagt „The New Punk“ – In jedem Falle ein Innehalten des Vorspulmodus.

Blick vom Kronprinzenpalais in Richtung Fernsehturm am Alexanderplatz, links der Dom, © Katja Andreae

Blick vom Kronprinzenpalais in Richtung Fernsehturm am Alexanderplatz, links der Dom, © Katja Andreae

 

 

Author: Katja Andreae

Journalistin und freie Autorin

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