Refik Anadol, König Galerie

NFT-Kunst in der Galerie Johann König

König Galerie in St. Agnes, Refik Anatol, Photo: Holger Jacobs © kultur24.berlin

NFT-Kunst in der Galerie Johann König

 

Von Holger Jacobs

Holger Jacobs

01.11.2021

Alles spricht von Krypto-Kunst – doch nur Johann König zeigt in Berlin die neue Kunstrichtung der Non Fungible Tokens.

Bereits im Februar diesen Jahres schrieb ich zu diesem Thema den Artikel „Krypto-Kunst: der neue Markt mit Millionen Gewinn“. Grund war eine Auktion bei Christie’s in New York am 11. Februar 2021, bei der ein rein digitales Werk des amerikanischen Grafikers BEEPLE für 69 Millionen Dollar versteigert wurde, so viel, wie sonst nur ein Andy Warhol oder ein Picasso erbringt.

Manche meinen, dass dies der Beginn einer neuen Ära in der Kunst bedeutete.

Der anerkannte Kunst-Experte und Kurator Klaus Honnef aus Bonn schreibt in seinem Statement vom 22. Oktober 2021:
„Nichts, aber wirklich nichts, was vor 20 Jahren galt, wird in 20 Jahren noch gelten. In der Kunst stechen die Umbrüche derart ins Auge, dass die meisten sie einfach schließen und so tun, als gehe es weiter, wie bisher.“ Klaus Honnef bezieht seine Worte aber nicht nur auf digital und/oder analog, sondern auf alle Bereiche der Kunst.

Digitalisierung aller Lebensbereiche

Das die digitale Welt mehr sein kann, als einfach nur Kommunikation in sozialen Medien und Wissensabfragen per Internet – also reine Dienstleistungen – wissen wir, seitdem es digitale Währungen gibt.

Auf einmal wurde durch eine digitale Datei ein Wert geschaffen – ja, die digitale Datei wurde selbst zu einem Wert, der gehandelt werden konnte.
Es begann 2008 mit einem Japaner, der es geschafft hatte, einen binären Code aus Nullen und Einsen in eine nicht mehr zu kopierbare Datei zu fixieren. Dieser auch als Token bezeichnete Code konnte nun wie eine Aktie gehandelt werden – weil er ja einmalig war. Und so entstand eine eigene Währung – der Bitcoin!

Neben dem Bitcoin, der zurzeit ca. 60.000 Euro wert ist, gibt es mittlerweile zig weitere digitale Währungen. Die zweitbekannteste ist vielleicht Ethereum (mit dem auch das Bild von BEEPLE bezahlt wurde), welche zurzeit ca. 4,2 Euro wert ist.

Da praktisch jede digitale Datei durch einen bestimmten Prozess, („minten“ genannt) zu einem NFT (Non Fungible Token – nicht kopierbare Datei) werden kann, sind  die Möglichkeiten fast unbegrenzt.

So war der nächste Schritt, rein digitale Kunstwerke zu einem NFT werden zu lassen, nicht weit. Den Anfang machten Gamer in digitalen Videospielen, die ihre Figuren (meist Maus- und Katzen-ähnliche Wesen) zu Non Fungible Token werden ließen – und auf entsprechenden Foren (z.B. OPEN SEA) zum Kauf anboten.

König Galerie in der ehemaligen Kirche St. Agnes, Photo: Holger Jacobs

Doch mittlerweile arbeiten auch seriöse Künstler mit dieser Technik.

So der türkisch-stämmige Künstler Refik Anadol (*1985), der zunächst in Istanbul Kunst studiert hatte, um später auf die University of California in Los Angeles zu wechseln.
Nachdem er 2016 an dem AMI Residency Programm der Firma Google teilgenommen und die Welt der Algorithmen und der Künstlichen Intelligenz (KI) kennengelernt hatte, widmete er sich von nun an der rein digitalen Kunst. Dabei sammelt er je nach Projekt aus dem Internet frei zugängliche Fotodateien, die durch Künstliche Intelligenz in ihre Bestandteile zerlegt werden, so dass nur noch farbige Pigmente zurückbleiben.
Diese mischt er neu und bringt sie in Bewegung. Und so entstehen seine Videos mit sich frei bewegenden farbigen Elementen, die sich der Zuschauer auf Monitoren oder per Projektion auf einer Leinwand ansehen kann.

Siehe dazu auch mein Video auf kultur24 TV:

Interview mit Johann König

Am Eröffnungstag der Ausstellung „Machine Hallucinations: Nature Dreams“ von Refik Anadol am Samstag, den 6. November, sprach ich mit dem Galeristen Johann König zum Thema NFT’s.
Er erzählte mir, dass er 2018 zum ersten Mal davon gehört hatte.
Als dann 2020 der Lockdown für alle Geschäfte und Galerien kam und die einzige Möglichkeit blieb, Kunst online zu verkaufen, erinnerte er sich an diese neue Kunstform und bot NFT-Künstlern an in seinem neuen Verkaufsformat „MISA“(Messe in St. Agnes) ihre digitalen Werke zu verkaufen.
Nachdem die Resonanz am Anfang noch verhalten war, ist NFT-Kunst mittlerweile zum festen Bestandteil der Galerie König geworden.
Da das Verkaufsformat MISA sehr an Kunstauktionen erinnert, hat sich Johann König jetzt mit dem renommierten Auktionshaus VAN HAM in Köln zusammengetan und organisiert dort eine NFT-Auktion vom 16. – 21- November 2021.

Johann König (rechts) mit dem ehemaligen Direktor der Nationalgalerie, Udo Kittelmann, Photo: Holger Jacobs

Aber das ist laut Johann König noch nicht alles:
Der nächste Schritt wird eine Fraktionalisierung (Zerlegung, Auffächerung, oder auch Fragmentierung) bereits real existierender Kunstwerke in digitale Dateien sein.
Wie er mir erklärte könnte man z.B. ein Bild des bekannten zeitgenössischen Malers Albert Oehlen (*1954) nehmen, dessen Werke auf dem Kunstmarkt auf eine halbe Million Euro geschätzt werden.
Nehmen wir an, ein Bild von Albert Oehlen wird auf 600.000 Euro geschätzt, dann wird es nun in 1200 Token zu je 500.- Euro aufgeteilt.
Beim Erwerb eines dieser 1200 Token wird der Käufer nicht Besitzer, aber Teilhaber dieses Bildes, wobei er seine Token dann weiter frei handeln, bzw. weiterverkaufen kann.
Über einen physischen Print des Bildes in einem kleinen Format, signiert mit einem Hologramm für den Käufer eines Tokens, wird noch nachgedacht.

Ein Bild von Albert Oehlen auf der Messe in St. Agnes, courtesy König Galerie

Aber der Handel mit digitalen Dateien bleibt nicht auf die Kunst beschränkt:
Wie jetzt bekannt wurde, hat das italienische Modehaus DOLCE & GABBANA während der Kollektionswochen im September 2021 separat zu seiner eigentlichen Prèt-à-Porter Kollektion eine kleine Kollektion von 9 Teilen produziert, die man einzeln nur als digitale NFT’s ersteigern konnte.
Der Erwerb eines dieser NFT’s beinhaltete allerdings, dass Dolce & Gabbana das entsprechende Kleid für den Käufer im Original produzieren ließ.
Der Erfolg war enorm: Die neun Teile, bzw. NFT’s, wurden für insgesamt 6 Millionen Dollar ersteigert, wobei ein Outfit allein 1,2 Millionen Dollar brachte – der höchste Preis, der weltweit je für ein Kleidungsstück bezahlt wurde.

NFT-Kollektion von Dolce & Gabbana 2021 © Dolce & Gabbana

Rafik Anadol „Machine Hallucinations: Nature Dreams“
06.11. – 17.12.2021
König Galerie
Alexandrinenstrasse 118
10969 Berlin-Kreuzberg
Di – Sa 10 – 18 Uhr, So 12 – 18 Uhr

Die Ausstellung:

Exhibition REFIK ANADOL, König Galerie, Photo: Holger Jacobs

Exhibition REFIK ANADOL, König Galerie, Photo: Holger Jacobs

 

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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