ZEITmagazin Konferenz – Mode & Stil

Christiane Arp © Nass/ Brauer/ MBFW

ZEITmagazin Konferenz – Mode & Stil

 

Von Katja Andreae

23.2.2017

Unter dem Motto: „It’s the Fashion, Stupid!“ luden das ZEITmagazin und die deutsche VOGUE, unter der Chefredaktion von Christiane Arp, am 16. Januar zum 8. Mal zur ZEITmagazin Konferenz „Mode & Stil“ ein.
In Zeiten, in denen Designer schneller die Position des Creative Director’s wechseln als Mode überhaupt vermag sich neu zu erfinden, scheint die Aussage „It’s the Fashion, Stupid!“ berechtigter denn je. In Anlehnung an Bill Clinton’s erfolgreichem Wahlkampf Spruch aus dem Jahr 1992.

Was geschieht aktuell in der Mode?

Raf Simmons verließ 2015 nach nur dreieinhalb Jahren das Prestige Haus Dior und treibt in diesen Tagen den Relaunch des eingestaubten US-Labels Calvin Klein revolutionär voran. Von traditioneller Haute Couture zu mainstreamiger Sportswear – die Grenzen verschwimmen, ganz offensichtlich.

Auch Ricardo Tisci überraschte in der vergangen Woche mit der Schlagzeile, sein Stammhaus Givenchy zu verlassen. Zwar geschieht dies erst nach etwas mehr als einer Dekade, man munkelt aber, dass er bereits Obhut bei Versace gefunden haben soll. Dachten wir doch immer, die Eisprinzessin Donatella würde die kreative Leitung ihres Familienunternehmens für nichts und niemanden abgeben bzw. teilen wollen. Weit gefehlt. Dass sich die Zyklen und Abläufe in der Modewelt rasant beschleunigen ist wahrlich nichts Neues. Es scheint aber eine neue Komponente hinzuzustoßen, die bisher nur schwer zu benennen war:

Wie können wir uns neu erfinden, ohne uns aufzugeben? Wir können wir Grenzen überwinden und dabei Synergieeffekte nutzen?

Jenen Gedanken griff Tillmann Prüfer, Style Director des ZEITmagazins, zu Beginn der Veranstaltung auf. „Mode ist das bewegende Prinzip unserer Zeit“, so Prüfer. So solle ihr nicht die Abgrenzung als Mittel zum Zweck dienen, sondern die Chance, Grenzen zu überschreiten und offen für Neues zu sein. Was sie bereits aktiv tut.

Tillmann Prüfer vom ZEITmagazin

Anum Bashir, Fashion Consultant und Gründerin des Modeblogs desertmannequin.com überschreitet Grenzen im wahrsten Sinne des Wortes. Die junge Araberin hat es geschafft sich vom klassischen Rollenbild der arabischen Frau zu emanzipieren, ohne sich dabei von ihrer Heimat abzuwenden. Mit ihrem weltweit bekannten Blog, auf dem sie jungen Frauen, nicht nur aus der arabischen Welt, an ihrem Leben teilhaben lässt, beweist sie, dass eine Verschmelzung aus Tradition und Moderne sehr wohl möglich ist.

Anum Bashir, Bloggerin aus Quatar (Persischer Golf)

Frauen aus dem nahen Osten werden zu Unrecht stereotypiert, so Bashir. Im Gespräch mit Claire Beermann verdeutlichte sie, dass eine Abgrenzung gegenüber ihrer Herkunft niemals dazu geführt hätte, dort einen Stein ins Rollen zu bringen. Zugänge schaffen und ein Rollenvorbild sein, so sieht das neue Handeln aus.

Chris Dercon, frisch designierter Intendant der Volksbühne Berlin, brachte das Zusammenspiel von Theater und Mode zu Wort. Sein Wechsel von der Londoner Tate Modern zur Volksbühne (ab Spielzeit 2017/ 2018) glich dem Wechsel eines Raf Simons zu Calvin Klein.

Chris Dercon, zukünftiger Intendant der Volksbühne

In seinen Augen funktioniere Mode nur dann, wenn sie „performed“ werde. Nur so erklärt er sich den unaufhaltsamen Social Media Erfolg von einer Kylie Jenner oder Beyoncé. Dass Dercon mit dieser Aussage voll ins Schwarze getroffen hat, beweist Beyoncé’s in der vergangenen Woche veröffentlichtes Instagram-Bild, das in nur wenigen Stunden zum meist geliketesten Beitrag aller Zeiten aufgestiegen ist. In einer, der Venus von Botticelli anmutenden Pose (diesmal ein Verweis zur Kunst), verkündete sie ihren Fans, die Schwangerschaft ihrer Zwillinge.

Inszenierungen wissen auch andere umzusetzen. Chanel ließ für seine Cruise Collection im vergangenen Herbst die Fashion Elite nach Cuba einfliegen und präsentierte eine Show der Superlative. „Wenn Lagerfeld eine Chanel-Show nach Havanna bringt, dann hat das etwas von einem Musiktheater“, so Dercon. Zu Recht zieht Dercon den Vergleich zu einem Musical heran. Der Mode gelingt die Inszenierung nämlich lange nicht mehr nur durch sich selbst, sie greift hierfür bewusst auf andere Disziplinen über.

Livia Firth (Ehefrau des britischen Schauspielers und Oscar Gewinners Colin Firth) setzt sich mit ihrer Firma Eco Age seit vielen Jahren für mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit in der Modebrache ein. In der Vergangenheit war sie an mehreren Filmproduktionen über die Mode- und Textilindustrie beteiligt, darunter „The True Cost“, eine brutal ehrliche Dokumentation über die grausamen Schattenseiten der Fashion Welt.

Livia Firth

Livia Firth ist der Überzeugung, dass man im kleinen Stil anfangen müsse. Zu den Red-Carpet Auftritten Ihres Mannes, wählt sie recycelte Roben und meidet es, sich neu einkleiden zu lassen. Aus der kleinen Protest Aktion wurde kurzerhand die „Green-Carpet-Challenge“, derer sich viele namhafte Labels, wie etwa Valentino und Lanvin anschlossen. Und wieder einmal werden hier Grenzen, sogenannte Comfort Zones überschritten.

Kimberley Emerson, die Ehefrau des mittlerweile ausgewechselten US-Botschafters John B. Emerson, war der Überraschungsgast bei der ZEITmagazin. Während ihres vierjährigen Aufenthaltes in Berlin setzte sie sich nicht nur aktiv für die Förderung junger Start-Up’s ein, sondern verliebte sich auch in den kreativen Spirit der Stadt. Zu der Veranstaltung trug die in den USA politisch sehr aktive Botschaftergattin ein Ensemble der Berliner Nachwuchsdesignerin Nobi Talai. Wenn das nicht ein weiteres Beispiel für die gegenseitige Befruchtung unterschiedlicher Disziplinen ist ist.

Der ehemalige Botschafter der USA, John B. Emerson, mit seiner Frau Kimberley und seinen beiden Töchtern (bei der Premiere von „Salome“ am 24.1.2016 in der Deutschen Oper) © Holger Jacobs

Der Berliner Mode Salon, ebenfalls wie die ZEITmagazin Konferenz im Kronprinzenpalais Unter den Linden untergebracht, versammelten hier die 40 wichtigsten Kollektionen junger deutscher Designer. Vogue-Chefredakteurin Christiane Arp und Nowadays Geschäftsführer Marcus Kurz hatten diese Einrichtung 2015 ins Leben gerufen, um junge deutsche Labels zu fördern.

12 Bilder: Berliner Mode Salon, Designer ODEEH, © Berliner Mode Salon

 

Author: Katja Andreae

Journalistin und freie Autorin

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